Inflation: Inflation und Stagflation

Inflation: Inflation und Stagflation
Inflation: Inflation und Stagflation
 
Inflation ist der anhaltende Prozess der Geldentwertung, der sich in einem trendmäßigen Anstieg des allgemeinen Preisniveaus ausdrückt. Einmalige, vorübergehende, durch außergewöhnliche Vorkommnisse (z. B. Missernten, Streiks) verursachte Preiserhöhungen sowie Preissteigerungen für bestimmte Güter oder Produktionsfaktoren gelten nicht als Inflation. Die Teuerung wird gemessen am Anstieg eines Preisindex, dessen prozentuale Erhöhung in einem bestimmten Zeitraum als Inflationsrate bezeichnet wird.
 
 Verschiedene Inflationsarten
 
Nach der Stärke des Geldentwertungsprozesses (Inflationstempo) lassen sich verschiedene Arten der Inflation unterscheiden: Von einer schleichenden Inflation spricht man, wenn ein Land eine so niedrige Inflationsrate aufweist, dass sie nicht in das Bewusstsein der Bürger dringt (z. B. Inflationsraten unter 2 %). Die schleichende wird zur trabenden Inflation bei Teuerungsraten von bis zu 10 % und dann zur galoppierenden Inflation. Eine Hyperinflation liegt vor, wenn die Inflationsrate jährlich mehr als 50 % beträgt. Hyperinflationen treten oft nach Kriegen auf. Als Beispiel kann die deutsche Hyperinflation 1922/23 angesehen werden mit Inflationsraten von (1922) über 1000 % und (1923) über 100 Mio. Prozent. Im Unterschied zu den bisher genannten offenen oder statistisch ausgewiesenen Preisinflationen spricht man von einer zurückgestauten oder versteckten Inflation, wenn staatlicherseits z. B. ein Preis- und Lohnstopp verhängt, also der Preismechanismus vorsätzlich außer Kraft gesetzt wird. Damit werden zwar Steigerungen des Preisindex verhindert, die Inflationsursachen aber nicht beseitigt. Da das im Verhältnis zur Geldmenge zu geringe Güterangebot zu einer unerwünschten Erhöhung der Kassenhaltung bei den Wirtschaftssubjekten führt, wird die versteckte Inflation auch als Kassenhaltungsinflation bezeichnet. Zu einer zurückgestauten Inflation kam es im Verlauf des Zweiten Weltkriegs in Deutschland. Der Geldüberhang aufgrund massiver Ausweitung der Staatsverschuldung und Zentralbankkredite an das Deutsche Reich bei gleichzeitigen Preiskontrollen und Rationierungen führte nach dem Krieg dazu, dass das Geld seine Tauschmittelfunktion verlor. An seine Stelle traten bis zur Währungsreform 1948 begehrte Waren (»Zigarettenwährung«). Das Inflationstempo ändert sich im Zeitablauf, weshalb Phasen zunehmender Inflationsraten (akzelerierte Inflation), konstanter Inflationsraten (stabilisierte Inflation) und zurückgehender Inflationsraten (dezelerierte Inflation, Disinflation) unterschieden werden.
 
 Von der Stagflation über die Disinflation zur Preisniveaustabilität
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die Inflationsraten in Deutschland auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Bis zur ersten Hälfte der 70er-Jahre waren Wirtschaftspolitiker auch der Meinung, dass es politisch möglich ist, zwischen einer bestimmten Rate der Arbeitslosigkeit und einer sich daraus ergebenden Inflationsrate wählen zu können. Diesem Gedanken liegt die Vorstellung zugrunde, dass über eine expansive Geldpolitik die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage-und in Folge die Produktion-stimuliert werden kann. Mit einem höheren Wachstum aufgrund der Produktionsausdehnung geht dann ein Anstieg der Beschäftigung einher. Ab Mitte der 70er-Jahre stellte sich die wirtschaftliche Situation in den meisten Industriestaaten in groben Zügen jedoch anders dar: Trotz steigender Inflationsraten, teilweise infolge der beiden Erdölpreiskrisen, stieg die Arbeitslosigkeit auf für die Nachkriegszeit unbekannte Größenordnungen, und das Wirtschaftswachstum lag deutlich unter dem Durchschnitt der 60er-Jahre. Treten kein oder nur unzureichendes Wachstum und Inflation gleichzeitig auf, dann bezeichnet man dies als Stagflation, ein Kurzwort aus Stagnation und Inflation.
 
Wie wirkten sich die Erdölpreiskrisen in den 70er-Jahren auf Westdeutschland aus? Der Rohstoffpreisindex des HWWA, der auch Rohöl enthält, stieg um fast 150 % in der ersten Erdölkrise 1973/74. Diese Verteuerung für die Unternehmen-ein Angebotsschock-konnte aber nur bedingt über die Verbraucherpreise abgewälzt werden. Der Preisindex für die Lebenshaltung stieg zwar an, lag aber mit Inflationsraten von über 6 % deutlich unter der Kostenbelastung für die Unternehmen, die mit erheblichen Rationalisierungsmaßnahmen reagierten, verbunden mit einem spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Während somit in den 70er-Jahren der Verbraucherpreisanstieg weltweit stark zugenommen hatte (akzelerierte Inflation), setzte in den 80er-Jahren in den Industriestaaten ein Disinflationsprozess ein, der v.a. auf eine restriktive Geldpolitik zurückgeführt wurde. Das Ziel Preisniveaustabilität kann in vielen Industrieländern als erreicht gelten. International ist damit das »Inflationsgespenst« nicht gebannt. So signalisierten v.a. in den 80er-Jahren teilweise hohe Inflationsraten in Entwicklungsländern ungelöste wirtschaftliche Anpassungsprobleme. Ungelöste Probleme beim Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft verdeutlichten hohe Inflationsraten in den mittel- und osteuropäischen Transformationsstaaten in den 90er-Jahren.

Universal-Lexikon. 2012.

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